Warum qualitativ forschen?


"Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir", so der Philosoph Dilthey im vorletzten Jahrhundert. "Zahlen sind nicht alles", so würden wir heute formulieren, wenn es darum geht, die Motive, Bedürfnisse und Entscheidungsgründe der Verbraucher aufzudecken und zu verstehen. Mit qualitativen Methoden - zum Beispiel in Gruppendiskussionen (Fokus-Gruppen) und Tiefeninterviews - nutzen wir die Techniken des Hineinver- setzens, Nachbildens und Nacherlebens, um die Erlebnisse, Verhaltenshintergründe und Motivdynamiken ganzheitlich zu untersuchen. Im Vordergrund steht die Frage nach dem "Warum".               

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Der situative Ansatz: Die 5 W 

Verbrauchertypologien und Segmentierungen erwecken häufig den Eindruck, dass Verbraucher statisch und immer nach "ihrem" Schema handeln: Die Genießer, die permanent nach Stimulanz und Anregung suchen oder der Harmonisierer, der nur die familiäre Harmonie benötigt. Dem widerspricht schon unsere Alltagserfahrung, nach der wir wissen, dass es auf die Lebenssituationen und ihre Balance bzw. Stimmigkeit mit unseren inneren Impulsen ankommt, wie wir handeln. In diesem Zusammenhang spricht man auch von "Need States". Aus diesem Grund empfehlen wir häufig, qualitative Studien nach dem situativen Ansatz zu planen. Dieser lässt sich am Besten anhand der einfachen 5 W - Formel beschreiben:

Wer? Soziodemografie, Psychografie
Wie? Lebenspraktiken z.B. bei der Nutzung von Produkten, Stimmungen
Wann? Zeitpunkte, Häufigkeiten, Rhythmen
Wo? Situationen, Umfeld, Gemeinschaften
Warum? Bedürfnisse, Motive, Motivkonflikte, Ursachen, Ziele

Die Formel deutet an, dass das "Warum" des Verbraucherverhaltens nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Situationen zuverlässig und ganzheitlich beantwortet weden kann. 

Qualitative Techniken 

Menschen neigen dazu, die Gründe ihres Verhaltens als rationaler zu erleben und zu beschreiben als sie es tatsäch- lich sind. Deshalb werden verschiedene Techniken eingesetzt, um die künstlichen, reflektierten Überlegungen der Verbraucher über ihre Motive zu vermeiden:

- Laddering & Assoziationsverfahren (Freies Assoziieren, gestütztes Assoziieren, fortlaufendes Assoziieren)
- Projektive Techniken (Personifizierung, Planetenspiel, Party der Marken, Satzergänzung etc.)
- Collagen-Technik
- Rollenspiel
- Modes of Thought-Technik (Spezifisches Aktivieren von Sinnesmodalitäten bei Produkt- und Werbetests)
- Strukturlegetechniken
- Mood Inventory / Mood Boards
- Mentale Entspannungstechniken
- Mind Mapping
- Stehgreiferzählung / Szenen vervollständigen
- Interaktives SMS (Situations-Marken-Simulationsspiel)


Consumer Insights: Motiv-Felder-Analysen (MFA)

Für den Begriff Consumer Insights gibt es viele Definitionen. Es ist aber hilfreich, darunter Erkenntnisse und Ideen zu verstehen, die (scheinbare) Konflikte in Motiven der Verbraucher auflösen und dadurch innovative Produkt- oder Marketingkonzepte anleiten. 

Mit der Motiv-Felder-Analyse (MFA) erarbeiten wir systematisch die Motivdynamiken von Zielgruppen und leiten dabei die entscheidenden Consumer Insights ab. Es werden die zentralen Motivkräfte in einzelnen Lebens- und Umweltbereichen exploriert und beobachtet:

- das Ist-ICH, das Wunsch-ICH, das Meiden-ICH und das Soll-ICH 
- Ebene der Vorstellungen / Phantasie / Mythen
- Ebene der Familie / Partnerschaft
- Ebene des Berufs
- Ebene der Freizeit / Vereine / Freunde
- Ebene der Vorstellungen von Gesellschaft und Staat
- Ggf. Markenwahrnehmungen


Nachdem für jedes dieser Elemente die zentralen Motivtendenzen ermittelt wurden (z.B. Exploration / Aktivität, Rückzug / Kontemplation, Affiliation / menschliche Nähe, Abgrenzung / Individualität) werden die verschiedenen Schichten der Lebensbereiche übereinander gelagert (Mapping auf eine Ebene). Aus diesem Gesamt-Lebensfeld werden die Motivkonflikte systematisch aufgedeckt, die als Insights die Produkt- und Kommunikationsentwicklung anleiten.

Ein exemplarischer Leitfaden einer Gruppendiskussion (Überblick der Struktur)  

Insbesondere bei qualitativen Studienansätzen ist es wichtig, das Forschungsprogramm, d.h. Interview- oder Moderationsleitfaden sorgfältig und überlegt aufzubauen. Wichtig ist nicht nur was und wie man mit Gruppenteil- nehmern diskutiert sondern auch in welchem Aufbau ("dem Flow"). Deshalb verwenden wir in der Vorbereitungsphase kognitive Pretests für die ersten Leitfadenentwürfe. 

Dennoch besteht die allgmeine Zielrichtung, offen und unstrukturiert, von den allgemeinen Alltagswahrnehmungen der Verbraucher zu strukturierteren und geführten Passagen überzugehen. Dazu ein anonymes Beispiel (Markenpositionierung / Brand Positioning Analysis): 

Einführung & Warm Up
- Vorstellung / Technik / Datenschutz
- Eingangsfrage: "Wann das letzte mal? / Was gestern Abend ...?" 

5 W & Need State Analysis
- Brainstorming / Nominal Group: Einfälle auf Kärtchen schreiben
- Mapping der Kärtchen und Diskussion der Stimmungen, Impulse
- Abläufe und Skripts in den Situationen (Bedeürfnisanalyse)
 
Natural Brand Mapping
- Intuitives Mapping von Markenzeichen des Wettbewerberumfelds
- Diskussion der Kriterien
- Zuordnen der Markencluster zu Situationen (Need States)

Marke im Fokus
- Freies Assoziieren / Laddering
- Projektive Techniken (Personifizieren, Kopfbild, projektiver User)
- Collagen-Technik

Concept Lab / Screening / Positionierungskonzepte
- Individuelle Reaktionen
- Markierungen
- Markenshift

Sum Up
- "Stunde der Wahrheit"
- Debrief


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Die hier erwähnten Untersuchungsansätze und Methoden sind nur ein Auszug aus möglichen Forschungs- projekten. Wichtig ist, über jedes Projekt zu sprechen und das Problem zu verstehen. Deshalb: Kontaktieren Sie uns: Mit unserem Forschungsnetzwerk für Top Level Feldforschung gibt es zu jeder Problemstellung eine günstige Lösung.